Der Ethereum-Kurs ist am Mittwoch (9. November) um fast 18 Prozent gefallen. Obwohl Kryptowährungen allgemein volatil und hochspekulativ sind, ist solch ein Rückgang doch außergewöhnlich. Der führende alternative Coin („Altcoin“) wird jetzt bei weniger als 1.200 US-Dollar gehandelt – ein Niveau, das die zweitgrößte Kryptowährung nach Bitcoin seit Mitte Juli nicht mehr gesehen hat.
Warum fällt der Ethereum-Kurs so stark?
Der große Kursabsturz von Ethereum geht auf das Drama zwischen Binance und FTX zurück. Die Chefs beider Kryptobörsen hatten sich in den vergangenen Tagen über Twitter ein Wortgefecht geliefert. Der Streitgrund war eine potenzielle Zahlungsunfähigkeit der Kryptobörse FTX, die der Gründer und Geschäftsführer Sam Bankman-Fried zunächst abstritt.
Mittlerweile haben sich die Gerüchte bestätigt. Binance-Chef Changpeng Zhao – kurz „CZ“ genannt – löste einen regelrechten Bankrun auf die FTX-Börse aus, indem Binance selbst alle FTT-Token (die hauseigene Kryptowährung von FTX) liquidierte und einen Verkaufsdruck erzeugte. Das führte dazu, dass auch Kunden der Kryptobörse FTX damit begannen, ihre Coins abzuheben, bis FTX die Auszahlungen stoppen musste.
Der Abverkauf der börseneigenen Kryptowährung FTT hat bereits zu einem Kursverlust von über 80 Prozent geführt. Dabei ist FTX eine der bedeutendsten Kryptobörsen der Welt. Der Einfluss auf den Gesamtmarkt ist damit riesig.
Kauft Binance FTX nun doch nicht?
Die Dynamik, die sich ergab, sucht auch im hitzigen Kryptosektor ihresgleichen. Wenngleich die Situation viele an den Fall von Terra (LUNA) erinnert.
Während FTX-Nutzer also um ihre Einlagen bangten, kam Binance-Chef Changpeng Zhao zunächst gar als Retter infrage: Binance sollte FTX kaufen und die Liquiditätsengpässe lösen. Binance hätte als weltweit größte Kryptobörse die Möglichkeit dazu.
Was kurzfristig positiv zu sein schien, hätte allerdings weitreichende Folgen für den Kryptomarkt. Denn eine FTX-Übernahme würde die Marktmacht von Binance enorm stärken und eine künftige Monopolstellung begünstigen. Daher könnte ein Kauf von FTX durch Binance zu kartellrechtlichen Klagen führen.
Für FTX-Nutzer wäre es dennoch eine Möglichkeit, ihre Coins nicht zu verlieren. Doch nun zieht sich Binance aus dem Geschäft zurück. Die Unterlagen von FTX hätten zu viele Probleme und Unklarheiten offenbart, heißt es. Umso drastischer ist die Lage aktuell.
Warum beeinflusst die FTX-Pleite den Ethereum-Kurs?
FTX-Chef Sam Bankman-Fried hat mit Alameda Research ein weiteres Unternehmen, das vor allem im Trading-Geschäft aktiv ist.
Obwohl Alameda über Sicherheiten im zweistelligen Milliardenbereich verfügte, sorgte ein Bericht von Coindesk für große Zweifel an der Geschäftsstrategie des Unternehmens. Denn ein Großteil der Alameda-Bestände lag in FTT vor – dem hauseigenen Token von FTX, der Nutzern einen Rabatt für den Kryptohandel auf der Kryptobörse beschert. Das relativierte die Sicherheiten enorm, da Alameda damit auf eine positive Kursentwicklung des FTT-Tokens angewiesen war.
Alameda lieh sich teilweise sogar Kryptowährungen von FTX und hinterlegte als Sicherheit FTT-Token. Mit dem Abverkauf des Tokens und dem rapiden Wertverlust sind die geliehenen Assets nicht mehr ausreichend gedeckt.
Der FTX-eigene Token FTT ist aufgrund der Nachricht unmittelbar um mehr als 82 Prozent gefallen.
Weitere Kryptowährungen in Mitleidenschaft gezogen
Die FTX-Pleite beeinflusst allerdings nicht nur den FTT-Token, da Alameda und FTX in zahlreiche Projekte investiert waren. Von den zahlreichen Krypto-Protokollen ist vor allem Solana (SOL) betroffen, das innerhalb von 24 Stunden rund 45 Prozent an Wert verlor.
Kryptowährungen wie Ethereum werden hierbei vor allem von der negativen Marktstimmung beeinflusst. Die makroökonomische Lage hatte den Kryptosektor bereits unter Druck gesetzt – ebenso wie den klassischen Finanzmarkt. Nun kommen klare Sicherheitsbedenken innerhalb des Kryptosektors hinzu. Das führt bei vielen anderen Kryptowährungen zu Abverkäufen. Dadurch fällt auch der Ethereum-Kurs.
Die Marktkapitalisierung der Kryptowährungen ist ebenfalls wieder unter eine Billion Dollar gesunken und nähert sich 860 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Im November 2021 war selbst Bitcoin allein über eine Milliarde Dollar wert.
Wann wird der Ethereum-Kurs seinen Boden erreichen?
Es ist schwer zu sagen, ob Ethereum bereits den Boden erreicht hat oder nicht.
Seinen bislang letzten Tiefpunkt erreichte Ethereum am 18. Juni mit 880 US-Dollar. Die Kryptowährung hat seitdem eine Berg- und Talfahrt hinter sich, wobei der jüngste Höchststand von knapp über 2.000 US-Dollar Mitte August erreicht wurde. Damals wurde der Ethereum-Kurs vor allem durch die damals anstehende Umstellung der Blockchain (Ethereum-Merge) positiv beeinflusst. Aber das ist immer noch 58 Prozent vom Allzeithoch im November 2021 entfernt.
Es gab eine Zeit, in der die Anleger glaubten, Kryptowährungen könnten als Inflationsschutz dienen, aber das hat sich nicht bewahrheitet. Kryptowährungen haben begonnen, sich im Gleichschritt mit risikoreichen Anlageklassen wie Wachstumsaktien und dem technologielastigen Nasdaq zu bewegen.
Allen voran zeigen solche Ereignisse, dass charttechnische Analysen eben stets Modelle aus den Daten der Vergangenheit abbilden. Charttechnische Analysen sind vor allem im Kryptosektor ein beliebtes Mittel, um Prognosen für den Ethereum-Kurs und andere Kryptowährungen zu erstellen. Doch Ereignisse wie die FTX-Pleite können im Voraus nicht eingerechnet werden.
Sollte man jetzt Ethereum kaufen?
Wie alle Kryptowährungen ist auch Ethereum eine hochriskante Anlage. Nach einem Allzeithoch von über 4.800 US-Dollar im November 2021 ist Ethereum um fast 75 Prozent gesunken.
Risikoreiche Anlagen wie Kryptowährungen können enorme Kursschwankungen und extreme Volatilität aufweisen, selbst im Vergleich zum technologielastigen Nasdaq, der voller risikoreicher Wachstumswerte ist.
Da es sich um eine relativ neue Anlageklasse handelt, weiß niemand, was die Zukunft für Kryptowährungen als Anlageinstrument bereithält. Die Vorhersage ihrer Kursentwicklung ist sehr schwierig. Kryptowährungen sind außerdem anfällig für Hacks und künftige Regulierungen, was sich auf ihren Gesamtwert auswirken kann.
Die USA sind noch dabei zu entscheiden, ob Kryptowährungen Wertpapiere, Waren oder etwas ganz anderes sind. Die endgültige Entscheidung über den Status von Kryptowährungen wird sich darauf auswirken, wie sie reguliert werden und wer sie reguliert.
Wer sich für eine Investition in Ethereum entscheidet, sollte zunächst einen Finanzberater konsultieren und keinesfalls mehr investieren, als er sich leisten kann zu verlieren.
Zudem solltest Du Kryptowährungen trotz der Korrelation nicht mit klassischen Finanzprodukten wie Aktien oder ETFs gleichgesetzen. Kryptowährungen sind beispielsweise für die Altersvorsorge nicht geeignet. Du musst immer damit rechnen, einen Großteil Deines Einsatzes in Kryptowährungen zu verlieren.
Investoren, die auf der Suche nach einer geeigneten FTX-Alternative sind, um Kryptowährungen zu kaufen, finden in unserem Kryptobörsenvergleich die besten Anbieter.
Author: Cynthia Reynolds
Last Updated: 1698760681
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