Rezessionssorgen, Krieg in der Ukraine und nun noch eine Bankenkrise im Silicon Valley: 2023 verspricht kein einfaches Börsenjahr zu werden. Ist momentan der richtige Zeitpunkt für den Einstieg an der Börse? Oder solltest Du lieber abwarten?
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So abwegig es auch klingt: Für den Anlageerfolg mit ETFs spielt der Zeitpunkt des Einstiegs nur eine geringe Rolle. Was Du zum richtigen Timing an der Börse wissen musst, erklären wir in diesem Ratgeber.
„Time in the market“ vs „Timing the market“ – Wann solltest Du ETF kaufen?
Die Idee ist verführerisch: Am Tief in Aktien einsteigen, wenn die Börsen im Minus stehen, und am Allzeithoch wieder verkaufen. Diese Strategie wird auch „Market Timing” genannt.
Der Haken an der Sache: Market Timing funktioniert nicht – weder bei Profis noch bei Privatanlegern. Das belegt eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien. Der ideale Ein- und Ausstiegszeitpunkt an der Börse ist so gut wie immer nur im Rückblick erkennbar.
„Time in the market“ – Warum die Dauer des Investments wichtiger ist als der genaue Kaufzeitpunkt
Wann ist dann der richtige Zeitpunkt zum Investieren? Die Finanzwissenschaft liefert auf diese Frage eine verblüffend einfache Antwort: jetzt.
Studien der Aktienmärkte über lange Zeiträume hinweg haben nämlich gezeigt: In 75 Prozent der Fälle war die Einmalanlage zu einem möglichst frühen Zeitpunkt die bessere Entscheidung als der Versuch, eine günstige Einstiegsgelegenheit anzupassen.
Der Grund: Langfristig sind die Börsen (als Abbild der Wirtschaftsleistung) eigentlich immer gestiegen und je früher man dabei war, desto besser fiel die Rendite aus.
Der Cost-Average-Effekt: Wie regelmäßige Investitionen über einen längeren Zeitraum das Risiko minimieren
Oft wirst Du hören: Wenn Du über einen Sparplan jeden Monat regelmäßig Geld in ETFs investierst, kommt der Cost-Average-Effekt zum Tragen, auf Deutsch: der Durchschnittskosteneffekt.
Aufgrund schwankender Börsenkurse erwirbst Du ETF-Anteile mal zu höheren, mal zu niedrigeren Preisen – wodurch ein günstiger Durchschnittskurs entsteht.
Doch Studien zeigen: Förderlich für die Rendite ist der Cost-Average-Effekt nicht. Das liegt unter anderem daran, dass die realen Schwankungen an den Börsen meist niedriger ausfallen als in den zahlreichen Beispielen, die zur Erklärung des Cost-Average-Effekts benutzt werden.
Trotzdem hat das schrittweise Investieren Vorteile – vor allem, wenn Du gerade neu mit dem Investieren beginnst. Sinken etwa die Börsenkurse und Du investierst in Raten, fallen die Verluste in deinem Depot niedriger aus. Das hat einen positiven Effekt auf Deine Psyche: Du gerätst nicht in Versuchung, deine ETF-Anteile wieder zu verkaufen.
Die Kosten von Cost-Averaging
Wenn Du über einen Sparplan in ETFs investierst, fallen bei manchen Depotanbietern dafür Gebühren an.
- Ist die Gebühr fix, dann lohnt es sich, einen möglichst hohen Betrag pro Ausführung zu investieren, also etwa 150 Euro anstatt 50 Euro – das senkt die prozentualen Kosten.
- Manche Anbieter verlangen prozentuale Gebühren für ETF-Sparpläne – hier fällt die Höhe der Sparplanrate nicht ins Gewicht.
- Wiederum andere Depot-Anbieter bieten komplett kostenfreie Sparpläne an.
Lies in unserem Vergleich günstiger Online-Broker, welche Anbieter ganz auf Gebühren verzichten.
Cost-Averaging und Rebalancing
Wenn Du in ETF investiert, solltest Du regelmäßig dein Depot überprüfen und rebalancen, wie es im Anlage-Deutsch heißt.
Hattest Du etwa zu 70 Prozent Aktien- und 30 Prozent Anleihe-ETFs in Deinem Portfolio und sind die Kurse nicht parallel gestiegen oder gefallen, hat sich die Gewichtung innerhalb eines Jahres vermutlich leicht verschoben. Rebalancing bedeutet, dass alle Anlageklassen wieder auf ihr Ausgangsgewicht zurückzuführen.
Für das Rebalancing kannst Du ETF-Anteile verkaufen. Das ist aber nicht zwingend. Alternativ kannst Du auch Deine Sparplanrate anpassen und Deine Ausgangsgewichtung wieder über die Zeit erreichen. Das hat außerdem den Vorteil, dass Du auf erzielte Kursgewinne keine Steuern zahlen musst.
Langfristige Renditen: Warum die Dauer des Investments entscheidend für die Gesamtrendite ist
Du solltest deine ETF-Anteile über lange Zeiträume halten – also mindestens fünfzehn, wenn nicht sogar 20 Jahre. Das ist eine gängige Anlageempfehlung. Schwere Rücksetzer an der Börse konntest Du dadurch fast immer ausgleichen.
Studien haben zudem gezeigt: Für die Gesamtrendite sind nur wenige Handelstage pro Jahr entscheidend. Steigst Du zwischenzeitlich aus der Börse aus, verpasst Du womöglich die erfolgreichen Phasen.
Emotionen und Timing
Fallende Kurse sorgen für Angst, steigende Kurse für Euphorie. Wenn Du an der Börse Deinen Emotionen nachgibst, wirst Du zu sehr ungünstigen Zeitpunkten kaufen oder verkaufen.
Eine klügere Strategie: Höre nicht auf deine Emotionen, sondern handle im Zweifel antizyklisch. Investmentlegende Warren Buffett sagte einmal: „Sei gierig, wenn alle anderen ängstlich sind, und vorsichtig, wenn alle gierig sind.“
„Timing the market“ – Wie man durch den Kauf zu den richtigen Zeitpunkten von Marktschwankungen profitieren kann
Wenn die Börsen binnen kurzer Zeit um 20 Prozent oder mehr einbrechen, spricht man von einem Börsencrash. So auch im März 2020, kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie, oder 2008, als es eine weltweite Bankenkrise gab.
Starke Kurseinbrüche sind schmerzhaft und niemand weiß, wann sie kommen. Aber sie bieten immer eine gute Gelegenheit zum Investieren. Hast Du Geld übrig, kannst Du es in ETFs nachschießen oder deine Sparplanrate erhöhen.
Technische Analyse: Wie man mögliche Kauf- und Verkaufssignale identifiziert
Die technische Analyse will anhand von Chartbildern und Marktdaten erkennen, wann der richtige Einstiegszeitpunkt an der Börse ist. Zentral dafür ist die sog. Trendanalyse.
Steigt der Index gerade, läuft er seitwärts oder befindet er sich in einem Abwärtstrend? Charttechniker empfehlen einem Trend zu folgen – also etwa Indizes oder Aktien zu kaufen, die sich in einem Aufwärtstrend befinden – oder auf eine Trendumkehr zu setzen.
Für das Auffinden einer Trendumkehr spielen sogenannte Widerstands- und Unterstützungspunkte eine wichtige Rolle. Das sind sich wiederholende Kursmarken, an denen sich die Trendumkehr abzeichnet. Das Problem: Wissenschaftliche Belege für den Erfolg dieser Methode gibt es keine.
Fundamentalanalyse: Wie man die Marktsituation einschätzt und potenzielle Kaufgelegenheiten erkennt
Die Fundamentalanalyse versucht anhand von Unternehmenskennzahlen einzuschätzen, ob sich der Einstieg an der Börse gerade lohnt. Dafür spielen Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) eine wichtige Rolle. Man erhält das KGV einer Aktie, wenn man den Aktienkurs durch den Gewinn des Unternehmens je Aktie teilt.
Aktienmärkte sind hoch bewertet, wenn alle Aktien über ihrem durchschnittlichen KGV notieren. Dann sollte man lieber nicht einsteigen. Notieren sie darunter, könnte sich der Einstieg lohnen.
Aber: Fundamentale Kennzahlen sind für das richtige Timing nicht immer aussagekräftig. Das Zinsniveau oder eine gute Wirtschaftsentwicklung können hohe Bewertungen rechtfertigen – ohne dass es zu einer Korrektur kommt.
Risiko und Belohnung: Lohnt es sich überhaupt?
Market timing lohnt sich nicht. Zu diesem Ergebnis kommt so gut wie jeder, der es einmal versucht hat. Technische Analyse und Fundamentalanalyse benötigen viel Zeit. Außerdem setzen sie Fachwissen voraus, das Du dir erst einmal aneignen musst. Allgemein gilt: Du bist besser beraten, wenn Du ohne Timing ETF kaufst oder einen Sparplan einrichtest.
Wann ist die beste ETF-Handelszeit?
Die beste Handelszeit ist die, zu der Aktien und ETFs besonders häufig gehandelt werden. Denn dann ist der sogenannte Spread niedrig. Als Spread bezeichnet man die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis eines ETFs an der Börse.
ETFs auf Indizes wie den MSCI World umfassen viele US-Aktien. Wie liquide solche ETFs gehandelt werden, hängt auch davon ab, wie viele Anleger die in ihnen enthaltenen Aktien handeln.
- Kaufe ETFs auf den MSCI World oder US-Aktien am besten zwischen 15:30 und 17:30 Uhr deutscher Zeit. Denn dann sind auch die US-Börsen geöffnet.
- ETFs auf asiatische Aktien solltest Du wegen der Zeitverschiebung am besten zwischen 8:00 und 10:00 Uhr kaufen.
Wie die Uhrzeit ETFs beeinflusst
Auch ETFs schwanken im Laufe eines Tages. Für den langfristigen Vermögensaufbau hat dies allerdings wenig Bedeutung. Denn es gibt keinen erwiesenen Einfluss der Uhrzeit auf den Kurs eines ETFs, den Du zu deinen Gunsten ausnutzen könntest.
Direkthandel: Gute Preise, geringe Kosten
ETF kannst Du auch außerbörslich handeln, im sogenannten Direkthandel. Das bietet Vorteile: Im Direkthandel zahlst Du niedrigere Ordergebühren als beim Handel an der Börse.
Zu den regulären Handelszeiten sind die Spreads im außerbörslichen Handel ähnlich hoch wie an der Börse. Sind Börsen wie Xetra und Co. jedoch geschlossen, gibt es weniger Käufer und Verkäufer. Das bedeutet: Die Spreads können im Direkthandel höher sein und damit wird der ETF-Kauf teurer für Dich.
Börsenöffnungszeiten weltweit
- An der elektronischen Handelsbörse in Frankfurt, Xetra, kannst Du werktags von 9:00 bis 17:30 Uhr ETF handeln.
- Die zweitwichtigste Börse in Deutschland, Tradegate Exchange in Berlin, hat täglich von 8 bis 22 Uhr geöffnet.
- Die Börse Stuttgart ermöglicht den ETF-Handel von 8:00 bis 22:00 Uhr.
- Die New Yorker Börse (New York Stock Exchange, kurz: NYSE) öffnet um 15.30 Uhr und schließt um 22:00 Uhr.
- Die London Stock Exchange ist wochentags zwischen 9:00 und 17:30 Uhr geöffnet,
- die Börse Euronext Paris von 9:00 bis 17:35 Uhr.
- An asiatischen Börsen findet der Handel – in unserer Zeitzone – tief nachts statt.
Der richtige Wochentag und Monat zum ETF kaufen
Gibt es den richtigen Wochentag, an dem Du ETF kaufen solltest? Auswertungen von Börsendaten zeigen: Einen besonders günstigen Tag zum Einstieg gibt es nicht.
Wie verhält es sich mit dem Monat? Eine bekannte Börsenweisheit lautet: „Sell in May and go away. But remember to come back in September.“ Vor Jahrzehnten hatte diese Regel noch Gültigkeit. Heute ist es anders. In welchem Monat Du ETF kaufst, spielt keine Rolle.
ETFs kaufen, wenn die Börse auf Allzeithoch steht?
Wenn die Börse auf ein neues Allzeithoch klettert, fällt es Dir wahrscheinlich schwer, ETFs zu kaufen. Damit bist Du nicht alleine. Aber: Der beste Zeitpunkt zum Investieren ist immer heute. Ob die Kurse bald steigen oder fallen, kann niemand seriös vorhersagen. Wenn Du trotzdem ein ungutes Gefühl hast, dann investiere in Raten.
Buy the Dip
Angenommen, die Börsen korrigieren um 5 oder 10 Prozent: Haben wir dann einen guten Einstiegszeitpunkt? Das Problem: Wir wissen nie, wohin sich die Aktienkurse in Zukunft bewegen. Deshalb gilt auch hier: Der beste Zeitpunkt zum Investieren ist immer heute.
Es gibt allerdings Experten, die etwas differenzierter auf die Situation blicken. Als etwa im Oktober 2022 Krypto- und Aktienmärkte abgerutscht waren, rieten einige Investmentmanager dazu, Aktien von starken Unternehmen nachzukaufen, sofern man vom Geschäftsmodell überzeugt sei.
Doch auch hier gilt wohl eher generell: Investiere langfristig in Unternehmen, von denen Du überzeugt bist. Mehr zur Strategie, bei niedrigen Kursen zu kaufen (Buy the Dip) erfährst Du in einem separaten Artikel.
Author: Mark Tran
Last Updated: 1698960842
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Name: Mark Tran
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